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Dann eben mit Gewalt von Jan de Zanger. Jugendbuchempfehlung

Jan de Zanger:

Dann eben mit Gewalt

1. Bibliografische Angaben und Lesestufe

  • Jan de Zanger: Dann eben mit Gewalt. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg, 2006, 160 S.
    (aus dem Niederländischen von Siegfried Mrotzek, Originaltitel: Desnoods met geweld)
  • Lesestufe: 7.–8. Klasse

2. Inhaltsangabe

Der 17-jährige Lex Verschoor liebt seine 16-jährige Klassenkameradin Sandra Noya. Sandra hat eine dunkle Hautfarbe, ihr Vater ist Indonesier. Eines Tages ist eine Wand in der Schule mit einem Hakenkreuz beschmiert, darunter steht in großen Buchstaben „WEISS IST WEISS“. Dies ist der Beginn mehrerer Aktionen gegen ausländische Schüler einer anonymen Gruppe, die sich „White Power“ nennt. Auch Sandra wird von vermummten Mitgliedern der Gruppe zusammengeschlagen und erhält fortan, wie alle anderen ausländischen Schüler auch, anonyme Drohbriefe. Daraufhin zieht sie sich von Lex mehr und mehr zurück. Lex versucht nun zunächst auf eigene Faust, später mit der Hilfe von Ines, der Schwester einer Klassenkameradin, die Mitglieder der White-Power-Gruppe zu enttarnen. Auch Sandra hat sich in der Zwischenzeit mit den anderen ausländischen Schülern zusammengetan. Diese Gruppe will aber mit Lex und Ines nicht kooperieren. Nach umfangreichen Beobachtungen, während derer Lex ebenfalls
direkt bedroht wird, finden Lex und Ines heraus, wer zu der White-Power-Bewegung gehört und wie sich diese Gruppe miteinander regelmäßig verständigt. Der Anführer ist sogar ein Lehrer der Schule. An seinem 18. Geburtstag stoßen Lex und Ines durch Zufall und Vermutungen auf nächtliche Aktionen der Gruppe. Ziel ist ein Treffen von Sandra und ihren Freunden. Planlos eilt Lex Sandra zu Hilfe und stürzt sich blindlings in einen Kampf mit den Vermummten. Er wird brutal zusammengeschlagen und erfährt erst im Krankenhaus, dass Sandra und ihre Freunde den Anschlag absichtlich provoziert haben, um die White-Power-Gruppe auf frischer Tat zu erwischen. Die ausländischen Schüler nämlich haben im Gegensatz zu Lex keine Gewalt anwenden wollen. Ob die Liebesbeziehung zwischen Lex und Sandra noch eine Chance hat, bleibt zuletzt offen. 3. Kurzinformationen zum Autor Jan de Zanger wurde 1932 in den Niederlanden geboren. Von 1957 bis 1977 unterrichtete er als Lehrer für Niederländisch, beendete dann aber seinen Schuldienst, weil er der Meinung war, die Schüler würden gezwungen, sich dem System unterzuordnen. Bis 1989 arbeitete er bei einer Stiftung zur Lehrplanentwicklung, danach lebte er als freier Schriftsteller. Er starb 1991. Für Dann
eben mit Gewalt erhielt er den Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher 1988.

4. Allgemeine Einordnung

Der Jugendroman erzählt von der Liebe Lex’ und Sandras, die durch den Rassismus der White-Power-Bewegung auf eine harte Probe gestellt wird. Durch dieses Thema stößt er auf großes Interesse bei den jugendlichen Lesern. Die Denkweisen der neuen Rechtsradikalen werden in einer Schülerdiskussion in Lex' und Sandras Klasse klar dargestellt (6. Kapitel). Anhand dieser lassen sich hervorragend Vorurteile herausarbeiten, die den Schülern eventuell auch nicht fremd sind. Aber auch die im Roman geschilderte Hilflosigkeit des Lehrers angesichts der zunehmend heftiger geführten Diskussion ist als exemplarisch für die Reaktion vieler zu betrachten. Zudem zeigt de Zanger auf, dass auch scheinbar tolerante Personen, wie Lex’ Familie, durchaus Vorurteile gegenüber Ausländern pflegen. Ein weiteres wichtiges Problem, das der Roman aufgreift, ist das der Gewaltanwendung. Sie wird zunächst natürlich von der White-Power-Bewegung ausgeübt und zwar sowohl physisch als auch psychisch. Sandra und andere ausländische Schüler werden nicht nur zusammengeschlagen, sondern auch mit gemeinen Drohbriefen schikaniert. Zudem wird auf sie durch die Schmierereien an der Schule Druck ausgeübt. Die Auswirkungen dieser tätlichen und verbalen Angriffe auf die Opfer werden nachvollziehbar aufgezeigt. Während sich Sandra immer mehr in sich selbst zurückzieht, möchte Lex der Angelegenheit teilweise am liebsten ebenfalls mit Gewalt begegnen. Dass diese Reaktion sinnlos ist, zeigt der Schluss des Romans.

5. Strukturelle und sprachliche Besonderheiten

Der Roman besteht aus 160 Seiten, die sich in 16 Kapitel aufteilen. Das Geschehen wird komplett das aus der Sicht von Lex, also  rein personal erzählt. Für Schüler teilweise etwas problematisch sind die vielen Zeitebenen, die immer wieder miteinander vermischt werden. Die Handlung beginnt an dem Morgen, nachdem Sandra zusammengeschlagen worden ist. In häufigen Rückblenden erinnert sich Lex an verschiedene Erlebnisse mit Sandra bis hin zu ihrer ersten Begegnung eineinhalb Jahre zuvor. Diese erzähltechnische Struktur muss den Schülern unbedingt erläutert werden. Sprachlich ist der Roman dagegen sehr leicht verständlich. Erklärt werden sollten nur einige wichtige Begriffe, die eine große Rolle spielen. So zum Beispiel der Begriff „Neo-Faschismus“ (S. 13), den ein Lehrer gebraucht, als eine neue Schmiererei an der Tafel das dem SS-Zeichen sehr ähnliche Symbol der White-Power-Gruppe darstellt. Auch die Herkunft verschiedener niederländischer Bürger müsste erläutert werden. Im Roman ist die Rede von „Molukkern“ und „Surinamern“ (z. B. S. 135).

6. Didaktische Anregungen

Die Hauptthemen des Romans Rechtsradikalismus/Rassismus, Liebe und Gewalt bieten ergiebige Ansätze für einen vielseitigen Literaturunterricht, der sowohl identitätsorientiert als auch handlungs- und produktionsorientiert sein kann. Als Einstieg bietet sich zunächst eine allgemeine Aussprache über den Roman an. Hier wird höchstwahrscheinlich von den Schülern auch die als schwierig empfundene Erzählstruktur angesprochen. Diese muss zunächst Unterrichtsgegenstand sein, um sicherzustellen, dass alle Schüler die gesamte Handlung richtig überblicken. Dazu ist die Herausgabe einer Strukturskizze hilfreich, in der die verschiedenen Zeitebenen tabellarisch dargestellt sind, zum Beispiel nach dem Schema auf der folgenden Seite (hier exemplarisch für die ersten beiden Kapitel). Die Schüler können in Gruppenarbeit die jeweilige Zeitstruktur der einzelnen
Kapitel erarbeiten und die Inhalte stichpunktartig formulieren. Abschließend kann ein linearer Handlungsverlauf von den Schülern selbst produziert werden, beispielsweise in Form einer knappen Inhaltszusammenfassung oder auch in Form von Postern, auf denen jeweils eine Station der Beziehungsentwicklung durch ein besonders aussagekräftiges, selbst gestaltetes Bild dargestellt
wird. Die Poster könnten dann während der weiteren Besprechung im Klassenzimmer in der richtigen Reihenfolge aufgehängt werden.

Nach dieser romantheoretischen Unterrichtseinheit sind verschiedene thematische Schwerpunkte denkbar. Natürlich hängen diese direkt zusammen. Der eine Schwerpunkt ergibt sich sozusagen aus dem anderen gemäß folgender Anordnung:

Die Beziehung zwischen Lex und Sandra
Zunächst können Steckbriefe der beiden Protagonisten erstellt werden. Wichtig wäre hier neben den äußeren Merkmalen und der familiären Situation auch die Erarbeitung von Charaktereigenschaften bzw. typischer Verhaltensweisen. In einem Unterrichtsgespräch sollten nun die Probleme in der Beziehung von Lex und Sandra angesprochen und entsprechende Textstellen gesammelt werden. Sicher werden die Schüler schnell feststellen, dass der Grund für die zunehmende Entfremdung in den ausländerfeindlichen Erlebnissen zu suchen ist, die Sandra widerfahren. Daraus ergibt sich aber die Frage, warum Sandra Lex gegenüber verstärkt distanziert und misstrauisch reagiert. Um hierauf Antworten zu finden und gleichzeitig zum nächsten großen Unterrichtsschwerpunkt überzuleiten, sollten Sandras Äußerungen nach der ersten Party, an der sie und Lex gemeinsam teilgenommen haben, besprochen werden. Sandra sagt hier zu Lex, die Niederländer seien „so anders“ (S. 20), als sie es gewohnt sei. Damit spricht sie kulturbedingte Verhaltensunterschiede an, die Lex bisher nicht bewusst gewesen sind.

Rassismus/Ausländerfeindlichkeit
Das Ziel dieser Unterrichtseinheit sollte sein, den Schülern bewusst zu machen, dass kulturelle Unterschiede zwischen Angehörigen verschiedener Nationen und Kulturen durchaus bestehen und bereichernd sein können. Nur zusätzliche Vorurteile
und Klischees führen zu Ignoranz, die in Ausländerfeindlichkeit gipfeln kann. Sandras Aussage, dass die Niederländer „anders“ seien, kann zu der Frage leiten, wie eigentlich „die Deutschen“ sind. Als Einstieg ist hier denkbar, das Klischeebild des „typischen Deutschen“ bzw. ausländische Meinungen über „die Deutschen“ heranzuziehen, zum Beispiel mit folgender, aus verschiedenen Quellen stammender Zusammenfassung: „Alle Deutschen tragen gerne Lederhosen, haben große Füße, essen viel Wurst und trinken viel Bier. Sie sind phantasielos und schwerfällig. Sie lieben Blasmusik und Fußball. Sie sind sehr fleißig und pünktlich.
Ordnung bedeutet ihnen alles. Im Urlaub sind sie immer nachlässig gekleidet und man trifft sie nur in laut grölenden Gruppen an.“ Sicher werden die Schüler diese Aussagen weit von sich weisen und sofort als Vorurteile erkennen. Nun sollte definiert werden, was eigentlich unter einem Vor-Urteil zu verstehen ist. Dabei können am Beispiel des „typischen Deutschen“ wichtige Eigenschaften bzw. Aspekte von Vorurteilen erarbeitet werden:

  • Einseitigkeit
  • Pauschalisierung
  • Existenz positiver und negativer Vorurteile

Im Roman werden vor allem während der von Sandra initiierten Diskussion in einer Schulstunde verschiedene Vorurteile geäußert (6. Kapitel). Die Schüler können diese aus dem Text erarbeiten und im Anschluss unter Berücksichtigung der festgestellten Eigenschaften von Vorurteilen besprechen. Die Schüler sollten allerdings auch Gelegenheit erhalten, eventuell vorhandene eigene Vorurteile anzusprechen und in einer Diskussion mit den anderen selbst zu überprüfen. In einem weiteren Schritt können nun tatsächlich vorhandene kulturelle Eigenarten und Gepflogenheiten von in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund gesammelt werden, zum Beispiel mittels einer Befragung von Mitschülern, die selbst aus dem Ausland kommen oder auch einen ausländischen Elternteil haben. Es ist wohl darauf zu achten, dass dabei ein möglichst weites Spektrum von sogenannten „Ausländern“ erfasst wird. In Gruppenarbeit können aus den Ergebnissen Plakate zu den einzelnen Ländern gestaltet werden. Aus dem bisher Erarbeiten ergibt sich nun die Frage, wie auf bereits bestehende
Konflikte angemessen reagiert werden kann. Diese stellt ja auch der Roman sowohl auf der Ebene der Beziehung von Lex und Sandra als auch in Bezug auf Lex’ gewalttätiges Eingreifen am Ende des Geschehens.

Konfliktlösung/Gewalt
Zunächst kann der wachsende Konflikt zwischen Lex und Sandra thematisiert werden, und zwar am besten mittels der Szene in Sandras Wohnung, als Lex eine Aussprache sucht (10. Kapitel). Die Situation scheint hier für Lex fast ausweglos, da Sandra ihn zurückweist und die Beziehung beendet. Lex fühlt sich hilflos. Die Schüler könnten an dieser Stelle einen Brief von Lex an Sandra verfassen, in dem er versucht, seine Gefühle und Beweggründe glaubhaft zu machen. Im Anschluss kann in Gruppenarbeit ein Rollenspiel vorbereitet werden: Sandra und Lex treffen sich erneut und diesmal gelingt die Kommunikation. Als Variante ist auch
denkbar, dass ein „Schlichter“ das Gespräch zwischen den beiden leitet. Daraus lassen sich Konfliktlösungsstrategien für persönliche Auseinandersetzungen ableiten, wie zum Beispiel das Aussenden von sogenannten „Ich-Botschaften“ (die
eigene Empfindungen über das Verhalten des Gegenübers ausdrücken). Diese Strategien greifen aber natürlich nicht in Bezug auf die Auseinandersetzung mit der White-Power-Gruppe. Hier ist Lex’ Verhalten am Ende (14./15. Kapitel) zu betrachten, welches auch aus seiner fehlgeschlagenen Kommunikation mit Sandra resultiert. Lex weiß nichts vom Plan der Gruppe um Sandra und
reagiert gedankenlos emotional, wodurch er sich selbst und andere in größte Gefahr bringt. Ausgehend von dieser Szene können denkbare andere Verhaltensweisen überlegt werden. Insgesamt sollte darauf aufbauend die Frage, ob Gewalt Gegengewalt rechtfertigt, diskutiert werden.

Projektanregung
Die Lektüre Dann eben mit Gewalt kann auch in ein Klassenprojekt zum Thema Ausländerfeindlichkeit münden.

Mögliche Inhalte:

  • Erstellen einer Schülerumfrage zum Thema, Durchführung und Auswertung
  • Vorbereitung und Durchführung eines Besuchs in einem ausländischen Kulturzentrum
  • Recherche über ausländerfeindliche Aktionen in der Bundesrepublik
  • Recherche über Skinheads

Die Ergebnisse können in einer eigenen Projektzeitung, in der Schülerzeitung oder sogar in der örtlichen Tagespresse veröffentlicht werden. Dies bietet sich insbesondere im Rahmen des Themas „Zeitung“ an.


empfohlen von Astrid van Essenberg


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