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Ein Schatten wie ein Leopard. Jugendbuchempfehlung

Myron Levoy:

Ein Schatten wie ein Leopard

1. Bibliografische Angaben und Lesestufe

  • Myron Levoy: Ein Schatten wie ein Leopard. München: dtv junior, 2004, 192 S. (übersetzt von Elisabeth Epple, Originaltitel: A Shadow like a Leopard)
  • Lesestufe: 7.–8. Klasse

2. Inhaltsangabe

Myron Levoy erzählt in seinem 1981 in den USA erschienen Roman die Geschichte von Ramon Santiago, einem 14-jährigen Puerto-Ricaner, der in den Slums von New York aufwächst. Ramon ist dabei auf sich allein gestellt; sein Vater sitzt im Gefängnis und seine Mutter liegt im Krankenhaus. Er besucht nur unregelmäßig die Schule, zumeist bemüht er sich, Mitglied in einer Jugendgang zu werden. In dieser Gang ist es üblich, mit einem Messer bewaffnet Raubüberfälle zu begehen. Obwohl Ramon sich dabei immer sehr unwohl fühlt, nimmt er den Auftrag an, einen an den Rollstuhl gefesselten alten Maler, Arnold Glasser, auszurauben. Der Überfall misslingt: Ramon kann dem Mann gegenüber nicht brutal auftreten; zudem stellt sich heraus, dass Glasser arm ist. Ramon kommt mit ihm ins Gespräch und kehrt an den folgenden Tagen immer wieder zu ihm zurück. Es entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft: Ramon versucht, dem Maler zu helfen, indem er seine Bilder auf der Straße verkauft; Glasser zeigt Ramon (u. a. durch gemeinsame Museumsbesuche) eine neue Welt der Kunst und Kultur. Ramon erkennt immer mehr, dass er sich eigentlich nie mit den Zielen der Gang identifiziert hat und nicht der Macho ist, den die Gang und sein Vater aus ihm machen wollen. Dies vertritt er seinem Vater (der vorzeitig aus der Haft entlassen worden ist und überraschend im letzten Kapitel auftaucht) gegenüber auch deutlich. Ramon hat eigene Lebensträume: Er möchte regelmäßig zur Schule gehen und Schriftsteller werden.

3. Kurzinformationen zum Autor
Myron Levoy, geboren 1930, wuchs im ethnisch gemischten Stadtteil Queens in New York als Sohn eines jüdischen Emigranten aus Hannover und einer ungarischen Mutter auf. Er studierte zunächst Ingenieurwissenschaften und war in der Raumfahrttechnik beschäftigt, widmete sich dann jedoch mehr und mehr der Jugendschriftstellerei. In seinen Jugendbüchern thematisiert er zumeist die Probleme des Erwachsenwerdens und der Identitätsfindung von gesellschaftlichen Randfiguren. Seine Bekanntheit in Deutschland verdankt Myron Levoy besonders dem Roman Der gelbe Vogel, der u. a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde.

4. Allgemeine Einordnung
Ein Schatten wie ein Leopard eignet sich für die 7. oder 8. Klasse und ist vor allem empfehlenswert, weil die Handlung besonders die weniger lesebegeisterten Jungen stark anspricht. Das Buch ermöglicht einen vielseitigen Unterricht: Themen wie das Leben in New York, die Rolle der Hispanics in den USA und die Bedeutung der Malerei und Literatur bieten zahlreiche fächerübergreifende Ansätze und die Chance, Recherchemethoden einzuführen bzw. zu trainieren. Auf die Handlung bezogen können das Verhalten in einer Gang/Clique und Ramons Wunsch nach Anerkennung diskutiert werden. Die zentrale Thematik des Romans ist sicherlich das Entwickeln von Lebensträumen und die Befreiung aus den Zwängen und Erwartungen der Umwelt (ein Beispiel dafür ist auch Ramons Mitschüler Felipe, der strebsam seinen Weg als Außenseiter geht und dabei die Hänseleien der Gangmitglieder ignoriert). Insofern steht die Persönlichkeitsentwicklung Ramons, seine Selbstfindung durch die Freundschaft zu dem Maler Glasser, im Mittelpunkt der Besprechung.

5. Strukturelle und sprachliche Besonderheiten
Ein Schatten wie ein Leopard umfasst knapp 200 Seiten, die in 24 Kapitel eingeteilt sind. Die Handlung ist überschaubar und leicht nachzuvollziehen. Der Beginn der Erzählung (der Anführer der Gang, Harpo, und Ramon überfallen gemeinsam eine ältere Dame) ist sofort fesselnd und weckt vor allem bei männlichen Schülern Neugierde. Dem Leser wird zunächst suggeriert, es handle sich um ein Buch über Jugendgewalt; diese tritt dann aber mehr und mehr in den Hintergrund. Die Sprache ist ebenfalls sehr verständlich. Es wird personal aus der Sicht Ramons erzählt; Satzbau und Stil sind somit eher schlicht. Das Buch kann also auch von sprachlich schwächeren Schülern gut erfasst werden. Auffällig sind vereinzelte spanische Wörter im Text (z. B. wenn Ramon seine Mutter im Krankenhaus besucht), die sich aber aus dem Kontext erschließen lassen. Die Erzählperspektive ermöglicht den Jugendlichen eine starke Identifikation mit dem Helden. Dennoch existieren zahlreiche Leerstellen, die im Unterricht mit Schreibanlässen (inneren Monologen, Tagebucheinträgen, …) gefüllt werden können und den Schülern Raum zur Auseinandersetzung mit der Figur Ramon Santiago und ihrem Wandel bieten.

6. Didaktische Anregungen

Fächerübergreifende Ansätze
Wie bereits angedeutet, eignet sich das Buch für fächerübergreifendes Arbeiten. Natürlich bietet sich zunächst der Englischunterricht für folgende Themen an:

  • New York (Vergleich von New York als Touristenziel mit „Ramons“ New York, Eintragen der Schauplätze in einen Stadtplan),
  • die Rolle der Hispanics in den USA
  • und das Schulsystem der USA. Sinnvoll wären unter Einbeziehung des Faches Kunst
  • die Gestaltung eines Prospekts über das Museum of Modern Art, das Ramon mit Glasser mehrfach besucht (www.moma.org),
  • die Auseinandersetzung mit den im Text erwähnten Künstlern (Malewitsch, Kandinsky, Picasso, …) und dem Expressionismus
  • sowie das Malen der im Text genannten Motive mit einer abschließenden Ausstellung.

Im Erdkundeunterricht können sich die Schüler mit dem Land Puerto Rico beschäftigen und zum Beispiel mithilfe einer Internetrecherche Poster erstellen. Diese fächerübergreifenden Ansätze können in einer sehr lernstarken Gruppe natürlich auch als Referatthemen vergeben werden.

Unterrichtseinstiege
Als Einstieg bietet sich das gemeinsame Lesen des ersten Kapitels an, in dem Ramon und Harpo eine ältere Dame überfallen. Schon auf diesen ersten Seiten wird dem Leser deutlich, dass Ramon eigentlich hart sein möchte, um ein Macho zu werden („Macho sein war gut. Es war notwendig.“, S. 8), dies aber seiner Persönlichkeit völlig widerspricht: Er verspürt Angst und Mitleid („Alte Lady, dachte er, sei groß und fett. Von klapprigen Ladys will ich nichts klauen.“, S. 7). Um dies zu erarbeiten, kann – wie an vielen Stellen dieser Einheit – auf eine konventionelle Textanalyse verzichtet werden. Die Schüler erhalten den Arbeitsauftrag, Ramons Tagebucheintrag über diesen Überfall oder seine Gedanken danach zu notieren. Beim Unterrichtsgespräch über diese produktionsorientierte Aufgabe muss den Schülern dann deutlich gemacht werden, dass diese Notizen nicht etwa willkürliche Ideen sind, sondern dass deren Richtigkeit an der Textvorlage überprüft werden kann (als Beispiel der Beleg für Ramons Angst auch nach dem Überfall: „Er wusste, er sollte an das Geld denken, aber er konnte nur immer wieder die hervorquellenden Augen der Frau sehen“, S. 11). Alternativ kann man auch über das Cover in die Besprechung einsteigen (bevor das Buch gelesen worden ist). Es wird als Bildmeditation einige Minuten (auf einer Farbfolie) präsentiert. Die Schüler äußern dann in einem Blitzlicht (d. h. jeder Schüler muss einen Satz sagen) ihre Assoziationen und was ihnen auffällt zur Farbgebung, zu den Personen, die auf die bedrohlich wirkende Stadt zugehen oder vielleicht auch vor ihr weglaufen, zu der Größe der Personen im Verhältnis zu den Gebäuden. Anschließend wird über den Inhalt des Buches spekuliert. Falls die Schüler den Text bereits zu Hause vorbereitend gelesen haben, kann in der ersten Stunde auch ein Quiz durchgeführt werden, für das die Jugendlichen zunächst selbst Fragekärtchen entwickeln und diese dann in einer Quizshow im Plenum oder in Gruppen einsetzen. Da Ramon ein Tagebuch führt (das zum Symbol seiner eigenen Befreiung wird) und mehrfach das Schreiben explizit thematisiert wird, bietet es sich zusätzlich an, während der gesamten Unterrichtsreihe ein Lesetagebuch zu erstellen.

Weitere thematische Bausteine für den Unterricht
Da sich der Roman inhaltlich leicht erfassen lässt, ist es sicherlich sinnvoll, wenn die Schüler den gesamten Text alleine zu Hause lesen. Um nochmals einen Überblick über den Inhalt zu erlangen, kann jeder Schüler zu einem Kapitel (oder in Partnerarbeit zu zwei Kapiteln) ein Poster erstellen, auf dem am besten neben einer Überschrift und einer kurzen Inhaltsangabe auch Bilder (z. B. ein Comic oder eine typische Szene des Kapitels) zu sehen sind. Die Poster werden als Galerie in der Klasse aufgehängt und bleiben während der gesamten Unterrichtssequenz hängen. Alternativ kann auch eine Tabelle angelegt werden, deren Spalten Überschriften wie Seitenzahl, Inhalt des Kapitels, wichtige Personen, wichtigster Satz usw. tragen. Jeder Schüler füllt dann für ein Kapitel eine Zeile aus. Unbedingt in der Unterrichtsreihe thematisiert werden muss der Begriff „Macho“. Hierzu sollten die Schüler zunächst ihre Assoziationen (Muskeln, Frauenheld, stark, weint nicht, hat nie Angst, Namen von Machos aus den Medien) frei äußern können, z. B. mithilfe einer Kartenabfrage. Anschließend werden aus diesen Assoziationen in kleinen Gruppen Definitionen entwickelt, vor der Klasse präsentiert und diskutiert. Einige Schüler können auch die Aufgabe erhalten, in der Schülerbücherei oder zu Hause Begriffe wie „Chauvi“, „Macho“, „Männlichkeitswahn“ zu klären und vorzustellen. Nun sollen die Schüler Textstellen im Buch analysieren und zusammentragen, was für Ramon, für seinen Vater und für die Gang ein Macho ist. So macht Ramon sich schon im ersten Kapitel (während des Überfalls auf die alte Dame) Gedanken über den Begriff des Machos (S. 8 f.); auf den Seiten 27 und 28 erinnert er sich an den Tag, an dem sein Vater sein Notizbuch gefunden und ihn so ausgelacht hat, dass Ramon noch heute dieses Buch versteckt; „als fürchte er, sein Vater könnte es finden und schreien: Weichling! Mädchen! Obwohl er meilenweit entfernt war.“ Deutlich werden die unterschiedlichen Ansichten des Vaters und Ramons außerdem im letzten Kapitel, in dem die beiden streiten („Weil ich auf meine Weise ’n Macho sein werd und nicht auf deine!“, S. 187 f.). Die beiden Positionen und ihre Begründungen können die Schüler z. B. in einem Plädoyer – „Ramon ist ein echter Macho!“ bzw. „Ramon ist kein Macho, sondern ein Weichling!“ – aus der Sicht der unterschiedlichen Personen oder in einem Rollenspiel vorstellen (Beispiel: Ramon sitzt mit seinem Vater beim Abendessen). Ramon träumt immer wieder davon, in einer anderen Welt zu leben. Besonders deutlich beschrieben wird dies auf den Seiten 56 und 57, als sich Ramon an seinem „Nachdenkplatz“ vorstellt, in einer glücklichen Familie zu leben, in einem schicken Haus gemeinsam mit den erträumten Eltern zu Abend zu essen und anschließend ausgelassen auf einer Tanzveranstaltung zu feiern. Anhand dieser Textstelle lässt sich Ramons wirkliches Leben gut mit seinen Träumen vergleichen. Hierzu können in einer Tabelle, Collage oder einem gemalten Bild diese zwei Welten – Wohnungssituation, familiäre Situation, Freunde, Ramons Freizeit usw. – gegenübergestellt werden. Alternativ können die Schüler einen weiteren Traum von Ramon schreiben. Der Maler Arnold Glasser ist die zweite zentrale Figur des Romans. Da sie für die Schüler aufgrund ihres ungewöhnlichen Charakters schwierig zu erschließen ist, sollte ihr im Unterricht genügend Raum gegeben werden. Die Klasse kann vorbereitend (evtl. arbeitsteilig) nochmals die Kapitel 6, 8, 9, 13 und 14 lesen. Dabei sollen bereits wichtige Merkmale Glassers entweder im Text markiert oder notiert werden. Mit der Methode des Gruppenpuzzles erstellen die Schüler eine Übersicht über die Charakterzüge Glassers (erste Arbeitsphase: Schüler, die dasselbe Kapitel vorbereitet haben, tauschen sich über Ergebnisse aus; zweite Arbeitsphase: fünf Schüler, die die fünf unterschiedlichen Kapitel vorbereitet haben, arbeiten zusammen). Diese Zusammenstellung kann ganz unterschiedlich erfolgen:

  • auf einer Folie mit Stichworten, die präsentiert wird,
  • in einem Vortrag aus Ramons Sicht: „So ist mein neuer Freund Arnold Glasser …“,
  • in einem Vortrag von Glasser selbst: „Ich bin Arnold Glasser und möchte mich heute einmal vorstellen …“
  • oder auf einem Plakat mit nur fünf Wörtern und vielen Bildern.

Besonders die beiden Vorträge können sehr genau zeigen, wie sich Glassers Selbstwahrnehmung und seine Wirkung auf Ramon unterscheiden. Ramons Beziehung zu seinem Messer fasziniert die Schüler: „Niemals würde er ohne sein! Wenn man klein war, wenn man dünn war, dann übte man stundenlang mit einem Messer. Tagelang.“ (S. 12) Die Veränderung der Beziehung zu diesem Gegenstand („Ich kann ehrenhaft sein und trotzdem verlieren! Ich hab kein Messer mehr!“, S. 187) ist daher ebenfalls ein interessanter Baustein der Unterrichtssequenz. Als Einstieg können die Schüler ihre Assoziationen zu dem Begriff oder dem Bild eines Messers äußern. Um alle Schüler einzubeziehen, bietet sich hier ein Schreibgespräch (bei dem zunächst nur schriftlich kommuniziert wird) an. Danach erhält die Klasse einen produktionsorientierten Schreibauftrag:

  • Ramon wird über die Bedeutung seines Messers am Anfang der Handlung interviewt (hierzu sollten die Schüler die Kapitel 2–6 als Wiederholung zu Hause gelesen haben),
  • Ramon erzählt, warum er sein Messer an Glasser abgegeben hat (Kapitel 23)
  • oder Ramons Messer erzählt, warum es für Ramon so wichtig war und nun an Bedeutung verloren hat.

Neben diesen ausführlicher beschriebenen Bausteinen lassen sich zu dem Roman Ein Schatten wie ein Leopard noch zahlreiche weitere Ideen im Unterricht umsetzen, so kann man

  • die Gangmitglieder charakterisieren (typisches Verhalten, Sprache, Stellung in der Gang),
  • die Bedeutung der Eltern für Ramon untersuchen,
  • Einträge aus Ramons Notizbuch schreiben,
  • Ramons Rachewünsche (nachdem ihn die Gang zusammengeschlagen hat, weil er nicht mehr zu ihr gehören will) und die Reaktionen Glassers in einem Rollenspiel oder einem Streitgespräch umsetzen,
  • den eigenen Umgang mit Rachegefühlen beschreiben (Artikel Rachegefühle?!? für Jugendzeitschrift verfassen),
  • zu Ramons Veränderung („Aber was ich auch tu, ich bin es, der das tut, Mann! Ich!“ S. 188) Entwicklungsstationen notieren oder einen Comic zeichnen lassen
  • und den Titel diskutieren.

Möglicher Abschluss
Zum Abschluss erzählen die Schüler die Geschichte weiter, entweder als Romanfortsetzung oder in Form von Tagebucheinträgen (von Ramon als 16- und dann 20-Jähriger): Was geschieht mit Ramon, was mit Glassers Bildern? Alternativ können sie auch einen Brief an Ramon verfassen.


empfohlen von Christiane Althoff


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